Stapediusreflex-Messung

Die Stapediusreflex-Messung ist ein nicht-invasives Verfahren in der Hördiagnostik. Es ist gemeinsam mit der Tympanometrie (Prüfung der Beweglichkeit des Trommelfells) ein Teil der Impedanzänderungs-Messung. Durch die Impedanz (akustischer Widerstand) des Trommelfells und Mittelohres wird ein Teil der von außen zugeführten Schallenergie nicht an das Innenohr weitergeleitet, sondern am Trommelfell reflektiert.

Bei diesem Messverfahren werden Impedanzänderungen erfasst, die unter anderem durch den Stapediusreflex bewirkt werden. Dabei kontrahiert sich der Musculus stapedius (Steigbügelmuskel) reflektorisch bei hohen Lautstärken und versteift dadurch die Gehörknöchelchenkette, um das Innenohr zu schützen.

Viele Erkrankungen des Mittel- und Innenohres sowie des Reflexbogens führen zu abweichenden Impedanzwerten und werden mit Hilfe der Messung diagnostisch erfasst. Das Verfahren eignet es sich auch für die Untersuchung von Neugeborenen/Kindern.

Das Verfahren

Der Stapediusreflex führt durch die Versteifung der Gehörknöchelchenkette zu einer Bewegung des Trommelfells (TMD = Tympanic Membrane Displacement). Diese Bewegung kann als Volumenänderung im äußeren Gehörgang durch eine Messsonde registriert werden. Da der Stapediusreflex nur eine sehr kleine Impedanzänderung des Trommelfells bewirkt, ist es notwendig, die Messung in einem möglichst optimalen Schwingungsbereich des Trommelfells durchzuführen. Daher wird in den meisten Fällen vorher eine Tympanometrie durchgeführt, um den Punkt der maximalen Trommelfellbeweglichkeit zu bestimmen. Dieses ist ein konkreter Wert des Luftdrucks im äußeren Gehörgang, der für die anschließende Stapediusreflexmessung voreingestellt wird.

Der Gehörgang wird absolut luftdicht mit einem Stöpsel verschlossen, der außerdem einen kleinen Lautsprecher, ein Mikrofon und einen Schlauch für die Luftzufuhr/Druckeinstellung enthält. Über den Lautsprecher werden Schallstimuli verschiedener Frequenzen (500 Hz, 1 kHz, 2 kHz, 4 kHz, breitbandiges Rauschen) in das Ohr geleitet. Bei ausreichender Lautstärke kann die Reflexantwort mit einer Latenzzeit von ca. 10 ms als TMD (Tympanic Membrane Displacement) gemessen werden.

Die Impedanzänderungs-Messung erfolgt ohne direkten Trommelfellkontakt und wird daher von den meisten Patienten weder als schmerzhaft noch als unangenehm empfunden. Bei Kindern kann die Messung auch während des Schlafs durchgeführt werden.

Des Weiteren ist zu beachten, dass der Stapediusreflex konsensuell ist, d.h. er kann stets bei beiden Ohren registriert werden, auch wenn nur ein Ohr stimuliert wird. Der Bequemlichkeit halber wird meist ein Ohr mit Hilfe eines Kopfhörers beschallt und der Stapediusreflex auf dem kontralateralen Ohr (Gegenohr) gemessen.

Bei einigen zentralen Schädigungen ist es jedoch unumgänglich, den ipsilateralen (gleichseitigen) Reflex zu messen, so dass Reizung und Ableitung am selben Ohr erfolgen.

Bei der Auswertung wird auf das beidseitige Vorhandensein des Stapediusreflexes bzw. auf die Höhe der Stapediusreflexschwelle geachtet. Dieses ist die minimal erforderliche Lautstärke, um den Reflex auszulösen und sollte bei einem Normalbefund 70-100 dB betragen. Die Ergebnisse werden in der Regel als Impedanz oder Compliance (hier: Nachgiebigkeit des Trommelfells) graphisch dargestellt.

Verschiedene Erkrankungen beeinflussen das Auftreten des Reflexes, so dass diagnostische Rückschlüsse auf die Intaktheit des Innenohres, die Funktion der zentralen Hörbahn und des Reflexbogens sowie den Zustand der Gehörknöchelchenkette gezogen werden können.

Indikationen

Als Methode der Hörprüfung:

Bei Fragen nach Schallleitungsstörungen (Funktionsstörungen des Mittelohres):

Fixation der Gehörknöchelchenkette bei:

  • Stapesankylose (Fixation des Steigbügels)
  • Otosklerose (Verknöcherung der Gehörknöchelchen)
  • Paukensklerose (entzündlich bedingte Veränderung der Mittelohrschleimhaut)

Unterbrechungen der Gehörknöchelchenkette bei:

  • Ambossluxation (Entkopplung) z.B. nach Felsenbeinbruch

ist kein Stapediusreflex nachweisbar

Bei Frage nach Schallempfindungsstörungen:

  • METZ-Recruitment: Im gesunden Ohr wirken die äußeren Haarzellen schallverstärkend bei niedrigen Schallintensitäten und dämpfend bei hohen. Im Falle einer sensorischen Schwerhörigkeit (Störung der Sinneszellen) fällt sowohl die Schallverstärkung als auch die Dämpfung weg. Es resultieren einerseits ein Hörverlust und andererseits ein überproportional starker Zuwachs der Lautheitsempfindung bei Schallpegeln oberhalb der Hörschwelle (Recruitment). Bei der Messung liegt die Stapediusreflexschwelle pathologisch (krankhaft) nah an der Hörschwelle (z.B. 30 dB). 
  • Retrocochleäre Schwerhörigkeit (hinter der Hörschnecke gelegen): Bei Schädigungen der retrocochleären Strukturen (z.B. des Hörnervs) bleibt der Stapediusreflex aus oder der Abstand zwischen Hör- und Reflexschwelle vergrößert sich.
  • Hörermüdung: Der afferente (zuführende) Schenkel der Hörbahn ist geschädigt. Bei Dauerbeschallung kann man somit ein Nachlassen des Stapediusreflexes beobachten, was als „Reflex Decay“ bezeichnet wird.
  • Fazialisparese (Lähmung des Gesichtsnerven): Es kann auf die Lokalisation der Nervenschädigung geschlossen werden. Der Stapediusreflex fehlt, wenn sich die Fazialunterbrechung vor dem Abgang des Nervus stapedius (Steigbügelnerv) befindet.
  • Zentrale Läsionen (Schädigungen): Durch Hirntumoren oder Hirnblutungen kann der zentrale Reflexbogen unterbrochen werden, so dass der Stapediusreflex ausbleibt.
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