Hochfrequenzaudiometrie bei genetisch bedingten Hörstörungen
Das Ullrich-Turner-Syndrom (UTS) ist eine Erkrankung, die nur Mädchen betrifft und durch eine chromosomale Veränderung hervorgerufen wird. Es ist benannt nach dem amerikanischen Arzt Henry Turner und dem deutschen Kinderarzt Otto Ullrich, die dieses Krankheitsbild in den 1930er Jahren erstmals beschrieben haben. In der Regel fehlt einem Mädchen mit UTS ein X-Chromosom, manchmal ist dieses auch nur strukturell verändert. Das Syndrom tritt mit einer Häufigkeit von 1:2.500 Mädchengeburten auf. Die verursachenden Faktoren sind bislang unbekannt, eine familiäre Häufung wird nicht beobachtet.
Hörprobleme sind nach Infertilität, Kleinwuchs und Aussehen das vierthäufigste Problem bei Mädchen mit Ullrich-Turner-Syndrom (UTS). Veränderungen des äußeren Ohres und kraniofaziale Auffälligkeiten sind typisch für Kinder mit UTS. Beschrieben sind weit abstehende und tiefsitzende Ohrmuscheln und nach kaudal verlagerte enge Gehörgänge. Nicht selten findet man einen engen und hohen harten Gaumen, eine Mikrognathie und eine submuköse Gaumenspalte.
In der Regel liegen bei Mädchen mit UTS keine Einschränkungen in der allgemeinen intellektuellen Entwicklung vor. Der Handlungs-IQ liegt aber oft deutlich niedriger als der Verbal-IQ. Probleme zeigen sich vor allem in den visuellen Wahrnehmungsfähigkeiten. Allerdings leiden einzelne Kinder dennoch an einer Sprachentwicklungsstörung.
Wissenschaftliche Studien haben zudem erwiesen, dass betroffene Kinder häufiger Trommelfellveränderungen, wie Retraktionstaschen, Verkalkungen und Perforationen zeigen. Wiederkehrende Mittelohrentzündungen sind auf eine eingeschränkte Belüftung der Ohrtrompete zurückzuführen. Dies rührt von einer verstärkt horizontal verlaufenden Tuba auditiva, die sehr kurz ist und damit aufsteigende Infektionen aus dem Nasenrachenraum begünstigt. Des weiteren haben Kinder mit UTS eine typische Mitteltonsenken um 2000 Hz und außerdem eine zunehmende Hochtonhörminderung ab 8 kHz. Dies wird in der Routinehördiagnostik häufig nicht erfasst.
Unsere Praxis verfügt über eine Hochfrequenzaudiometrie, auch Hörverluste über 8000 kHz können hier erfasst werden.
Bei Verdacht auf Veränderungen der Innenohrstruktur und der Gehörknöchelchenkette veranlassen wir CT-Felsenbeinuntersuchungen.
Abhängig vom Hörbefund empfiehlt sich, bereits im Kindesalter eine Hörgeräteversorgung einzuleiten. Da der Hörverlust oft progredient verläuft, sind regelmäßige pädaudiologische Untersuchungen notwendig.