Unter Stimmhygiene werden alle Verhaltensweisen und Maßnahmen verstanden, die auf die Gesunderhaltung und optimale Funktionsfähigkeit des Stimmorgans und des Stimmmechanismus gerichtet sind.
Bestimmte Ess- und Trinkgewohnheiten, wie Alkohol, Kaffee, Tee können für die Stimme schädlich sein. Saure und stark gewürzte Speisen können zu Sodbrennen, Magen- oder Halsschmerzen führen und somit eine Stimmstörung oder gar eine Schädigung hervorrufen.
Möglicherweise ist eine Untersuchung der Speiseröhre und des Magens durch den Arzt notwendig.
Ebenfalls hat das Rauchen Auswirkungen auf die Stimme.
Es ist wichtig, täglich viel zu trinken (alkohol- und koffeinfreie Getränke), um die Schleimhautdurchfeuchtung und damit auch die Geschmeidigkeit des Stimmapparates zu gewährleisten.
Ein gut funktionierendes und ausgewogenes Zusammenspiel von innerer Einstellung, Körper, Stimme und des Gesprächspartners sind wichtig, um eine Überforderung und Überanstrengung der Stimme zu vermeiden.
Sprecher und Sänger sollten fühlen oder wissen, in welcher Lage und Höhe ihre Stimme zuhause ist und mit welchem optimalen Druck gesprochen und geatmet werden müßte.
Beim Erwachsenen sollte die Atmung im Brust- und Bauchbereich angesiedelt sein, die Stimme darf in keinem Fall überfordert werden!
Man muss wissen, wann eine Überforderung eintreten kann.
Eine zu anspruchsvolle Gesangspartie kann z.B. Folgen haben wie:
Stimmermüdung, Heiserkeit, Kratzen, Kitzeln, Brennen, Mund- und Hals-Trockenheit, vermehrten oder verminderten Speichelfluss, Ermüdungs-, Enge- oder Kloßgefühl evtl. sogar Schmerzen.
Den genannten Störungen können weiche Stimmeinsätze, kein Räuspern, ausreichend Schlaf und eine gute innere Balance (vermeiden von Schreien) entgegenwirken.
Negativen Einfluss auf eine professionelle Stimmhygiene hat im großen Maße der Störschall. Er bringt die auditive Stimmkontrolle durcheinander, wirkt sich beklemmend auf das Wohlbefinden und dadurch auf die Stimmgebung mit ihren komplizierten Einstimmungsmechanismen aus.
Kalte, trockene oder staubige Luft behindert eine ausgewogene Stimme, ebenso wie eine unnatürliche Atmung durch den Mund. Wird durch den Mund geatmet, kommt es nicht zu einer adäquaten Lufterwärmung und –befeuchtung, wie es beim Atmen durch eine freie Nase geschieht.
Der hormonelle Status der sprechenden oder singenden Person hat ebenfalls Auswirkungen auf die Stimme. Es gibt hormonelle Erkrankungen, die Gesang plötzlich nicht mehr zulassen.
Das männliche Hormon Testosteron (auch ein Ovulationshemmer) kann schon in geringen Mengen die Stimme einer Sängerin negativ beeinflussen. Das im Body-Building zum Muskelaufbau eingesetzte Anabolikum kann sowohl der weiblichen als auch der männlichen Stimme den „Glanz“ nehmen. Bei Frauen kann die Stimme sogar in die Männerstimmlage abfallen.
Der Zyklus einer Frau wirkt sich ebenfalls auf die Stimme aus (besonders auf die Singstimme). In bestimmten Zeiten, z.B. vor der Menstruation, kann es zu einer Schwellung der Stimmlippen kommen.
Bei Einnahme bestimmter blutverdünnender Medikamente, wie z.B. Aspirin, kann es unter zu großer stimmlicher Anstrengung zu Einblutungen in die Stimmlippen kommen und dadurch kann die Stimme bleibende Schäden davontragen.
Außerdem sollte man wissen, dass Stimme suggestiv ist. Wenn der Nachrichtensprecher einen „Frosch im Hals“ hat, denkt man manchmal, man muss sich selbst räuspern. Genauso beeinflussen Sprecher ihre Zuhörer durch ihre Stimmgebung. Die Anspannung des Lehrers kann zur Übertragung der Spannung auf die Schüler führen und dadurch Unruhe und Unaufmerksamkeit hervorrufen.
In diesem Fall nehmen die Schüler unbewusst die falsche Stimmgebung des Lehrers wahr und verkrampfen sich in ähnlichen Muskelpartien, was zur Anspannung und Unruhe unter den Schülern führt.
Weitere Kriterien für eine gute Stimmhygiene sind optimale Schallabstrahlungskriterien.
Eine wohl geformte Mundhöhle spielt dabei eine wichtige Rolle. Hier wird die Lauttransformierung und Tonentstehung durch die Gaumenhöhe, Zahnstellung, Mandelgröße, Zungenform und deren richtiges Bewegungsmuster, eine freie Nase mit gut belüfteten Nasennebenhöhlen beeinflußt.
Des Weiteren ist eine nach vorn verlagerte Sprechweise, eine großzügige Rachenweite und ein optimales Kiefer- und Lippenspiel von Bedeutung.
Die richtige Körperhaltung mit festem Bodenkontakt und lockerer Bauchdecke (ohne Absatzschuhe und Gürtel) bedingen eine „bodenständige“ Stimme, welche aus dem hohlen Bauch kommt.
Haltungsschäden (Skoliose, Morbus Scheuermann), Verspannungen oder Verkrampfungen (z.B. auch durch Depressionen) führen zu einer schlechten Stimmgebung. Wenn die Stimmung nicht passt, wird dadurch die Einstellung und damit auch die Haltung und der Tonus und wiederum die Stimme beeinflusst. Man kann ganz genau unterscheiden, wie sich beispielsweise depressive, panische, optimistische oder übertrieben vergnügte Menschen anhören.
Zur professionellen Stimmgebung gehören neben dem vorrausgegangenen Studium ein Aufwärmen und ein Einüben von Programmen, welche den gesamten Stimmapparat auf die Stimmbelastung vorbereiten sollen. Vergleichen kann man den Vorgang mit der Aufwärmung des Sportlers vor jedem Wettkampf.
Die Stimme beginnt bei den Füßen und endet am Scheitel. Die Verbindung dazwischen muss stimmen. Gemeint ist die unbedingte Elastizität und Kraft oder Entspannung in der Becken-, Rücken- oder Kehlkopfmuskulatur, im Zwerchfell, in den Schultern und im Gesicht. Um das Zusammenspiel optimal zu gewährleisten, bedarf es Dehn- und Streckübungen, Legato- und Staccatotraining, sowie Lockerungen und Spannungsregulationen.
Das Alter ist in jedem Fall zu berücksichtigen. Kinder dürfen nicht in zu hoher oder zu tiefer Stimmlage gefordert werden. In der Pubertät müssen die entsprechenden stimmlichen Rahmenbedingungen genauso beachtet werden wie bei einer alternden Stimme. Es bedarf einer taktvollen Führung und Anpassung der Anforderungen an den Stimmapparat. Ein guter Vergleich ist wieder der heranwachsende und der alternde Sportler.