Frühe Spracherwerbsstörung

Sprachrhythmus

Der Sprachrhythmus ist eine der wichtigsten sprachlichen Grundkompetenzen, die Kinder erwerben müssen. Treten hierbei Probleme auf, sind Schwierigkeiten in mehreren Bereichen (z.B. Pluralbildung, Artikelerwerb, Partizipbildung, Reimkompetenz, Rechtschreibung usw.) vorprogrammiert. Kinder mit Deutsch als Zweitsprache haben hiermit große Probleme und fallen häufig noch in der Grundschule auf.  

Da unsere Sprache aus Sätzen besteht, ist eine der ersten Lernaufgaben des Kindes zu erkennen, wann ein Wort beginnt und wann es aufhört. Nur so ist es in der Lage, sich einen Wortschatz aufzubauen. Andernfalls rauscht unser gut gemeintes Sprachangebot am Kind vorbei. 
Darauf aufbauend muss das Kind als nächstes entdecken, welche Regeln der Wortbildung zugrunde liegen. Wie wird im Deutschen die Mehrzahl gebildet? z.B. 2 Hunde, aber nicht 2 Kuchene oder 2 Autos, aber nicht 2 Tigers
Wie werden Verben gebeugt? 
Wie funktioniert die Partizipbildung? z.B. gelacht, aber nicht gerepariert oder eingekauft, aber nicht vergepackt.
Wie bildet man aus Nomen Adjektive, z.B. Fett – fettig. 
Wann hängt man -heit, wann hängt man -keit ans Wortende, z.B. Freiheit  und Gelassenheit, aber nicht Traurigheit.
Bei all diesen Wortbildungsregeln spielt der Sprachrhythmus die entscheidende Rolle.

Nach entsprechender Diagnostik bemühen wir uns, um eine adäquate Therapieanbahnung heimatnah sowie um weiterführende logopädische Beratung bei medizinischen Kontrollterminen in unserer Spezialpraxis.

Satzbau & W-Fragen

Viele Kinder haben Probleme mit dem Satzbau. Häufig fällt auf, dass sie das Verb an die letzte Stelle setzen, z.B. „Du mir nicht helfen.“ oder „Ich in den Garten gehen.“ Aber auch wenn Kinder grammatisch korrekte Sätze bilden, kann eine Ersatzstrategie vorliegen. Dies ist möglicherweise dann der Fall, wenn sie lediglich das Subjekt an die erste Position setzen. Ob ein Kind hier eine Ersatzstrategie für den Satzbau gewählt hat, fällt häufig erst bei der Beantwortung von W-Fragen auf, z.B. „Mit wem hast du heute im Kindergarten gespielt?“ oder „Wen hast du zu deinem Geburtstag eingeladen?“ Normalerweise beantworten Kinder ab einem Alter von 4 Jahren solche Frage ohne Probleme richtig. Deutsche Kinder mit Spracherwerbsstörungen oder Kindern mit Deutsch als Zweitsprache haben hiermit deutlich länger Schwierigkeiten.

Wortschatz und Verben

Viele Migrantenkinder und spracherwerbsgestörte Kinder haben Probleme im Aufbau des Verbwortschatzes. Sie verfügen über sehr wenig Verben in ihrem aktiven Sprachgebrauch. Diese Kinder verwenden viele Verben dann auch im Schulalter falsch.

Erkennt ihr Kind  den Unterschied zwischen Teilungs- und Trennungsverben (wie reißen und brechen) und der Reinigungsverben (wie putzen, wischen, fegen). Was bedeutet „schneiden“ und warum kann man eine Pizza nicht abschneiden? Unsere Logopäden beurteilen im Rahmen einer Sprachstandserhebung, wie ihr Kind mit Bewegungsverben (z.B. mit dem Unterschied zwischen „klettern“ und „steigen“) umgeht.

Genus (der, die, das)

Warum heißt es die Sonne, aber der Mond? Warum heißt es die Kiefer, die Aster, aber der Flieder? Warum heißt es das Schwein, aber der Stier? 

Falls ihr Kind mit den Artikel Probleme hat, können unsere Logopäden spielerisch die dahinter steckenden Regeln vermitteln.

Grammatik

Kinder, die Probleme mit der Grammatik des Artikels haben, lassen ihn in ihrer eigenen Sprache häufig aus (z.B. „Ich möchte Buch“ oder „ich geh‘ Bauecke“ oder antworten auf die Frage „Was tut dir weh?“ nur mit „Hand“). Große Schwierigkeiten haben hiermit Kinder, die beispielsweise Türkisch, Russisch oder Vietnamesisch als Muttersprache sprechen. Dies ist nicht verwunderlich, da die meisten slawischen und asiatischen Sprachen und die türkische Sprache gar kein Artikelwort haben.

Die grundlegenden Fragen lauten daher: Wann wird im Deutschen überhaupt ein Artikelwort eingesetzt? Gibt es Fälle, in denen man sowohl einen Artikel benutzen als auch ihn weglassen kann? Und wenn ja, was für einen Einfluss hat dies auf die Bedeutung des Satzes?

Der Artikel verhält sich in der Einzahl anders als in der Mehrzahl, z.B. ein Hund, aber Hunde. Er verhält sich auch bei zählbaren und unzählbaren Massennomen unterschiedlich, z.B. ein Ball, aber nicht ein Mehl oder Milch soll gesund sein, aber nicht Ball soll rot sein. Auch erscheinen viele Substantive mal mit Artikel und mal ohne, z.B. „Annas Vater hat ein neues Klavier gekauft. Anna kann sehr gut Klavier spielen“.

Darüber hinaus kann der Artikel die Funktion eines Besitzausdrucks annehmen (z.B. bedeutet „Oskar hat die Hose im Hallenbad liegen gelassen“, dass er seine Hose liegen gelassen hat). Auch als Mengenausdruck verwendet das Deutsche den Artikel (z.B. bedeutet „Ich habe die Bonbons gegessen“, dass ich alle vorhandenen Bonbons gegessen habe). Daher ist bei Kindern, die den Artikel auslassen, in der Regel auch das Sprachverständnis beeinträchtigt.

Wortschatz Präpositionen

Sprachauffällige Kinder und Migrantenkinder haben häufig Probleme mit den Präpositionen. Manche lassen die Präposition einfach weg, z.B. „Ich geh‘ Bauecke.“, andere verwenden eine Einheitspräposition, z.B. „Ich geh‘ bei Toilette.“

Für diese Kinder bedeuten die Sätze „Der Junge steht an der Straße.“ und „Der Junge steht auf der Straße.“ dasselbe. Aber warum bedeuten Sätze wie „Ich gehe über die Straße.“ und „Ich gehe auf der Straße.“ etwas Unterschiedliches? 

Wenn man die Bedeutung von Präpositionen vermitteln möchte, bindet man häufig die Bewegung ein. Das Konzept Bewegung hat jedoch mit der Bedeutung vieler Präpositionen nichts zu tun. Im Gegenteil: durch Bewegungsspiele suggerieren wir den sprachauffälligen Kindern schlimmstenfalls, dass die Bewegung für die Bedeutung vieler Präpositionen relevant ist. Aber ob ich eine Tasse auf den Tisch stelle oder ob die Tasse bereits auf dem Tisch steht, ändert nichts an der Verwendung der Präposition „auf“!

Die Präpositionen „in“, „unter“, „über“, „an“ und „auf“ kennen Kindern mit Deutsch als Muttersprache normalerweise bis zum 5. Lebensjahr.

Falls ihr Kind in diesem Bereich Schwierigkeiten haben sollte, besteht die Möglichkeit, in unserer Praxis eine differenzierte Sprachstandserhebung durchzuführen.
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